Der Familienname Gareis und der Erzbergbau Startseite Zum Seitenende Inhaltsverzeichnis Mail an Webmaster
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Einige Ergänzungen zu unserer Ortschronik und zu unserem Gemeindewappen bringt der Artikel von Siegfried Pokorny in der Frankenpostausgabe vom 27. Mai 2006:

Die Familiennamen Gareis und Jahreis (die mundartlich bedingte Form von Gareis) - welcher Oberfranke kennt sie nicht? Die beiden Namen sind - in variierender Schreibung - zwar über ganz Deutschland verstreut, aber von den bundesweit im Telefonbuch verzeichneten etwa 1400 Gareis/Jahreis-Namen findet sich mehr als ein Drittel, nämlich knapp 500, in Oberfranken. In Bayreuth kommt Gareis 14-, Jahreis 20-mal vor. Nürnberg, das fast eine halbe Million Einwohner zählt, bringt es auf nicht mehr als 32 Gareis-/Jahreis-Namen. Verglichen damit nimmt sich die Zahl von 34 Bayreuther Gareis-/Jahreis recht beachtlich aus.
Trotzdem ist Bayreuth nicht der Ort mit der größten Dichte dieser Namen. Die findet sich nämlich im Frankenwald. Spitzenreiter ist dort - in absoluten Zahlen - die Stadt Helmbrechts mit 38 Gareis/Jahreis-Namen unter den etwa 10.000 Einwohnern. Auch unter den rund 2000 Einwohnern der Gemeinde Presseck gibt es den Namen Gareis allein 14-, in der Gemeinde Wilhelmsthal (etwas über 4.000 Einwohner) 17-mal.

Gemessen an der Zahl der Einwohner (149) am häufigsten ist der Name Gareis jedoch im Ortsteil Neuengrün der Gemeinde Wallenfels (9 Telefonanschlüsse von 23), gefolgt vom Helmbrechtser Ortsteil Enchenreuth. Gareis ist, wie aus urkundlichen Belegen hervorgeht, die verkürzte Form von Gareisen. In dieser Form kam der Name beispielsweise noch 1536 in den heutigen Gefreeser Ortsteilen Hermersreuth, Zettlitz und Schamlesberg vor. Heute trifft man ihn als Gareissen, Gareißen deutschlandweit nur 23-mal an, vor allem in Südbayern. Gareisen setzt sich zusammen aus "gar" in der früheren allgemeinen Bedeutung "fertig (her)gestellt", heute in Bezug auf fertig zubereitete Speisen gebraucht, und mittelhochdeutsch "isen" (Eisen). Unter einem "garen eisen" verstand man laut dem Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm in der Eisenverhüttung ein "Eisen, das seine völlige Zubereitung erhalten hat". Im Frankenwald wurde nachweis- lich seit dem 14. Jahrhundert Eisenerz abgebaut, verhüttet und verarbeitet.
Und es dürfte kaum ein Zufall sein, dass eine der frühesten Erwähnungen von Erzverarbeitung im Frankenwald sich mit dem Namen des Ortes verbindet, der die größten Dichte an Gareisnamen aufweist - Neuengrün.

Entstehung hat mit der Eisenverwertung zu tun
 
In dessen unmittelbarer Nähe, wohl an den Standorten der Ober- und Unterwellesmühle im Wellesbachtal, waren bereits 1348 zwei Hammerwerke in Betrieb. Das von ihnen verarbeitete Eisenerz kam aus dem Eisengraben südlich von Neuengrün. Aus dem daraus nach mühsamer Handarbeit durch Rösten und Schmelzen gewonnenen Roheisen stellten die mit Wasserkraft betriebenen Hammerwerke verarbeitbares, gewissermaßen "fertiges" oder "gares" Eisen (Schmiedeeisen) her. Die Produktbezeichnung "Gar-Eisen" übertrug man als so genannten Berufsübernamen auf die an diesem Arbeitsvorgang beteiligten Arbeiter, so wie etwa Schuh für einen Schuhmacher oder Korb für einen Korbflechter steht.
Bereits 1248, vor dem urkundlich nachweisbaren Beginn des Bergbaus im Frankenwald, ist in Bamberg ein "her Abreht garysen" belegt, nach dem damaligen Sprachgebrauch also ein Angehöriger höheren Standes, der mit Eisenverarbeitung oder gar dem Schmiedehandwerk kaum etwas zu tun gehabt haben dürfte. Sein Name ist vielmehr aus "gar" im Sinne von "gerüstet" und "isen" im Sinne von "Waffe, Schwert, Rüstung" zu erklären. Der Herr Albrecht oder einer seiner Vorfahren war demnach ein Mann, der als Adliger Schwert und Rüstung tragen durfte. Welche der beiden Erklärungsmöglichkeiten auch immer zutreffen mag, in beiden Fällen handelt es sich, wie aus der geografischen Verteilung des Namens zu schließen ist, ganz zweifellos um einen bodenständigen, oberfränkischen Namen, im engeren Sinn um einen Frankenwaldnamen. Heute kommt der Familienname Gareisen in dieser Form in Oberfranken nicht mehr vor. Allerdings hat er dauerhafte Spuren in der Landschaft des Frankenwaldes hinterlassen - im Namen des Berges Gareisen nordwestlich von Stammbach, der, wie es im Mittelalter gerade im Frankenwald gelegentlich vorkam, einfach mit dem Namen eines einstigen Besitzers benannt wurde. Anfang des 14. Jahrhunderts ist in Stadtsteinach der Adlige Dietrich Gareysen bezeugt. Ob er es wohl sein mag, dessen Name in dem Bergnamen weiterlebt?
 
SIEGFRIED POKORNY

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